Der Lenné-Park Rusowo
liegt in der polnischen Woiwodschaft Westpommern, neun Kilometer südlich des Seebades Ustronie Morskie – etwa 20 Kilometer entfernt von Kołobrzeg (Kolberg).
Die ursprüngliche Parkanlage entstand Anfang des 19. Jahrhunderts, als der Kolberger, Konsul Schröder die Ländereien um Rusowo erwarb, in der Nähe der Kirche seinen Landsitz errichtete und einen Garten im spätbarocken Stil anlegen ließ. Nach seinem Tod beauftragte seine Witwe Henriette 1828 den Gartenbau-Architekten Lenné mit der Umgestaltung des Gartens zu einem Park „unter Einbeziehung der Wiesenlandschaft und des Sees“.
Mit dem Kauf der Ländereien um Rusowo und des Rittergutes Fritzow gilt Konsul Schröder als der erste Bürgerliche, dem es gelang, preußischen Adelsbesitz zu erwerben.
Der Park ist gut mit dem Auto von der Landesstraße 11 (Kołobrzeg – Koszalin) über den Ort Kukinia zu erreichen. Von Ustronie Morskie und Kołobrzeg (Kolberg) aus kann man den Ort auch per Fahrrad erkunden und es führt ein 31 Kilometer langer Rundwanderweg (grüne Markierung) von Ustronie Morskie (Busbahnhof) zum Park und zurück.
Die Geschichte
des Lenné-Parks Rusowo ist widersprüchlich – historische Bilder und Beschreibungen der Gartenanlage oder des späteren Parks sind bislang nicht verfügbar. Die nachfolgend zusammengetragenen Informationen verstehen sich demzufolge eher als Annahme als eine gesicherte Erkenntnis.
Die Historie der Gegend wird zweifelsfrei von der Kirche Rusowo begründet, wobei eine heidnische Kultstätte an der Stelle vermutet wird, auf der man vor mehr als 600 Jahren das Gotteshaus errichtete.
Sie gilt heute als eine der ältesten christlichen Kirchen in Pommern und als ein wertvolles Denkmal der mittelalterlichen Sakralarchitektur.
Von der alten Einrichtung hat wenig die Zeit überlebt, eine Glocke von 1592 und ein kreisförmiger Kerzenhalter tun noch ihre Dienste und die Kalksteingrabplatte der Krypta ist noch zu erkennen, in der die alten Gutsherren ihre letzte Ruhe fanden.
Viel Reichtum konnten diese nicht anhäufen, sodass der bürgerliche Ernst Friedrich Samuel Schröder aus dem nahen Kolberg die Ländereien, insgesamt 800 Hektar, um Rusowo erwarb.
Er wählte den Platz unweit der Kirche zum Familiensitz und ließ ein „schönes Gutshaus mit Orangerie“, einen griechischen Tempel und einen Turm mit Zügen einer Deutschen Ordensburg errichten. Und wie üblich erhielt das Gutshaus auch einen Garten – zu lesen ist von künstlich angelegten Teichen und großflächigen Wiesen.
Den Familiensitz und das mit seiner Kolberger Reederei während der Kolonialsperre angehäufte beträchtliche Vermögen hinterließ Konsul Schröder nach seinem Tod 1813 seiner Frau Henriette. Sie beauftragte 1828 Peter Josef Lenné, der mittlerweile alleiniger Gartendirektor der Königlichen Gärten in Preußen war, mit der Umwandlung des Gartens in einen Park. Auf etwa 36 Hektar entstand so eine romantisch-naturalistische „luxuriöse“ Parkanlage mit vielen Bäumen, exotischen Sträuchern und großen Rasenflächen. Besonders die künstlich angelegten Gräben, Teiche und die Insel mit der Neptunstatue und diversen Reiherskulpturen fanden immer wieder besondere Erwähnung.
Der Rest der Geschichte ist weniger rühmlich und schnell erzählt.
Nach Einrücken der Roten Armee in den Ort im Frühjahr 1945 wurde das Gutshaus geplündert und in den Folgejahren gänzlich zerstört. Im Park sind heute nur noch Reste der Fundamente des Gutshauses und ein Teil des Turmes zu sehen und die angelegten Gräben und der zweite Teich nur noch zu erahnen.
Eigentümer des 1976 in das polnische Denkmalregister aufgenommene Parks ist heute die Gemeinde Ustronie Morskie.
Der Park, vielmehr die historische Kirche, die 280 Jahre alte Platane und der Naturlehrpfad gelten in der Region als touristisches Highlight und sind ebenso wie die älteste Eiche Polens in der Nähe des Parks Ausflugsziele von Besuchern aus den nahen Seebädern Ustronie Morskie und Kołobrzeg (Kolberg).
Die Kirche von Rusowo
Das Gutshaus Rusowo (nach alten Fotos)
Der Teich heute - mit dem Fundament der Neptunstatue
Der Park Rusowo heute – Lageplan
Der heutige Baumbestand
Der Park ist im heutigen Zustand nur schwer als solcher erkennbar. Einstige Freiflächen und Wiesen sind bewachsen, der zweite Teich und die Gräben kaum noch erkennbar und zu sumpfigen Feuchtgebieten geworden. Jungbäume und Buschwerk haben sich weite Teile des einst schmucken Lenné-Parks erobert.
Eine 2002 durchgeführte Bestandsaufnahme zählte insgesamt 1.226 Bäume aus der Zeit der Anlage des Parks und früher. Besonders hervorzuheben sind 44 mittlerweile monumentale Eichen und acht Bäume, die zwischenzeitlich als Naturdenkmal deklariert wurden:
- Eine 280 Jahre alte Ahornblättrige Platane („mit dem Namen „Anthony“). Sie gilt mit ihren 28 Metern Höhe und ihrem Umfang von fast 6 Metern als besonders stattliches Exemplar. Am Fuße des Baumes lädt ein Rastplatz zum Verweilen ein.
- Eine 30 Meter hohe Gemeine Esche.
- Eine Traueresche.
- Eine Blutbuche.
- Vier Winterlinden, darunter in der Nähe des einstigen Teiches ein 26 Meter hohes Exemplar mit einem Stammumfang von 3,60 Metern, die als Schönste ihrer Art in Polen gilt.
Hinweis:
Etwa neun Kilometer von Rusowo und fünf Kilometer von Ustronie Morskie entfernt, steht in einem dichten Waldgebiet die älteste Eiche Polens – die 800 Jahre alte „Bolesław“ und etwa zwei Kilometer entfernt die 640 Jahre alte Eiche "Warcisław".
Ein 31 Kilometer langer Rundwanderweg führt von Ustronie Morskie zu diesen Eichen und tangiert auch den Park Rusowo (grüne Markierung: Ustronie Morskie, Busbahnhof – Sianożęty – Bagicz – Las Kołobrzeski – Malechowo – Kukinia – Rusowo – Gwizd – Ustronie Morskie, Busbahnhof).
Die 280 Jahre alte Platane
Eine der vier Linden
Quellen:
- Ewa Bielec, Angelika Bartczak, Katarzyna Iwańczyk, Dominika u. Iga Supińska
Parkbeschreibung im Projekt "Gärten und Parks aus der Sicht der Jugend",
Gymnasium "Orła Białego", Ustronie Morskie, 2010, www.parki.org.pl
Historische Gärten um Neubrandenburg (Mitteilungen der Pückler Gesellschaft 17. Heft),
Fotos: Małgorzata Chir, IS.RADWEG. Detlef Kaden
Grafiken: Petra Kaden
Karten: büro-ix Karola Richardt, IS.RADWEG. Detlef Kaden